Vorstand gesucht!
In Deutschland gibt es 7.389 Aktiengesellschaften, davon sind 438 an einer Börse gelistet (statista, 2020). Damit zählt die Besetzung einer Vorstandsposition zur absoluten Königsklasse im Executive Search. Auch für das Unternehmen ist die Auswahl des richtigen Vorstandsmitglieds eine zentrale Entscheidung, die die Entwicklung der Gesellschaft über Jahre hinaus prägen kann.
Bei der Besetzung eines Vorstands gibt es etliche Besonderheiten, die für einen erfolgreichen Prozess unbedingt beachtet werden müssen. Neben den fachlichen Voraussetzungen spielen insbesondere die Führungskultur und der Wertekanon der Kandidaten eine entscheidende Rolle. Auch die Voraussetzungen der aktienrechtlichen Gegebenheiten müssen Berücksichtigung finden.
Führungskultur und Wertekanon
Jedes Unternehmen besitzt eine eigenständige Unternehmenskultur, die maßgeblich von den Führungskräften geprägt und entwickelt wird aber natürlich auch von der gesamten Belegschaft gelebt wird. Oft wird diese auch in dem Dreigestirn Vision, Mission, Werte niedergeschrieben und damit nach innen und außen sichtbar transportiert.
Bei der Neu- oder Nachbesetzung einer Vorstandsposition ist darauf zu achten, dass es hier einen Match zwischen Unternehmen und Kandidat gibt – wobei man sich auch die Frage stellen sollte, ob nicht eine Weiterentwicklung der Unternehmenskultur, insbesondere vor dem Hintergrund von Transformationsprozessen, nicht gerade durch einen Vorstand mit einer anderen Prägung vorangetrieben werden kann.
Um diese Themen abzubilden, gibt es im Executive Search entsprechende Methoden zur Evaluierung der Unternehmenskultur auf der einen Seite und der Evaluierung der Persönlichkeit eines Kandidaten auf der anderen Seite. Hiermit lässt sich das Kandidatenprofil perfekt abrunden und so eine objektive Entscheidung treffen.
Briefing der Personalberatung
Transparenz – dieses Schlagwort beschreibt die Grundbedingung für eine erfolgreiche Besetzung auf C-Level-Ebene. Ein absolut zutreffendes Bild der Unternehmenssituation in organisatorischer und finanzieller Hinsicht, das auch mögliche Schwachstellen und Entwicklungsfelder klar aufzeigt, ist die Voraussetzung für die passende Identifikation, Ansprache und Begeisterung der Kandidaten. Eine Beschönigung der Situation ist kontraproduktiv, diese würde – meist im unpassendsten Prozessschritt – wieder auf den Mandanten zurückfallen. Besonders wichtig ist hier auch in den ja durchaus einige Monate in Anspruch nehmenden Prozessen, regelmäßige Updates vorzunehmen und den Kandidaten entsprechend zu informieren.
Besonderheiten im Besetzungsprozess
Die Suche nach einem neuen Vorstandsmitglied sollte im Idealfall mindestens 12 Monate vor dem geplanten Eintrittsdatum beginnen. Dies resultiert zum einen aus dem aufwändigen Prozess der Identifikation, Ansprache und insbesondere der Qualifizierung der Kandidaten. Dabei kommen strukturierte, kompetenzbasierte Interviews, Assessment Tools und gegebenenfalls sogar Psychologen zum Einsatz, um die Kandidaten auf Herz und Nieren zu prüfen.
Sofern es sich um eine Nachbesetzung handelt, die gegenüber dem aktuellen Vorstand nicht kommuniziert werden soll, ergeben sich für den Besetzungsprozess höchste Anforderungen an die Vertraulichkeit.
Ein recht pragmatischer Punkt wird gerne vergessen: sowohl die Kandidaten als auch die Aufsichtsräte der Gesellschaft sind terminlich oft stark eingebunden, daher ist die Terminfindung für die Video- und persönlichen Interviews (oft drei oder mehr Runden) sehr anspruchsvoll und trägt zu einer Verlängerung des Prozesses bei.
Aktienrechtliche Gegebenheiten
Rechtsgrundlage für die Bestellung von Vorstandsmitgliedern ist bei Aktiengesellschaften das Aktiengesetz (AktG). Für den Besetzungsprozess bedeutet dies, dass typischerweise der Aufsichtsrat der Gesellschaft den Personalberater auswählt und mandatiert.
Eine weitere Besonderheit, die bei börsennotierten Aktiengesellschaften beachtet werden muss, sind die Regelungen der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO) in Verbindung mit dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Die Bestellung eines neuen Vorstandsmitglieds stellt dabei regelmäßig eine Insiderinformation dar. Diese ist definiert als eine präzise Information über einen Umstand, der einen Bezug zu einem Wertpapieremittenten aufweist, der der Öffentlichkeit unbekannt ist sowie den Kurs des Wertpapiers erheblich beeinflussen kann. Hieraus ergibt sich, dass sowohl die Personalberatung als auch die Kandidaten auf diesen Umstand aufmerksam gemacht werden müssen und entsprechend zur Vertraulichkeit bzw. Führung einer Insiderliste verpflichtet werden müssen.
Gleichfalls müssen Insiderinformationen als Ad-hoc-Mitteilung publiziert werden um so den Kapitalmarkt zu informieren und Insidergeschäften vorzubeugen. Während den Vertragsverhandlungen kann der Aufsichtsrat der Gesellschaft beschließen, sich unter bestimmten Voraussetzungen von der Veröffentlichungspflicht zu befreien. Die Veröffentlichung erfolgt dann meist zeitnah nach beidseitiger Unterzeichnung des Anstellungsvertrags.
Erfolgsfaktoren im Executive Search
Darüber hinaus gilt es die allgemeinen Erfolgsfaktoren im Executive Search zu beachten: eine Personalberatung, die langjährig am Markt ist, die einen Track Record in der Kundenbranche hat und die das Handwerkszeug (Direct Search, Schnelligkeit, Transparenz) beherrscht, wird die Besetzung erfolgreich gestalten können.
Versuchen Sie dabei, hinter die Hochglanz-Marketingbroschüren zu blicken und diese Punkte detailliert zu hinterfragen. Lassen Sie sich dabei auch persönliche Referenzen geben und sprechen Sie mit den Referenzgebern.
Wenn Sie darüber hinaus noch die Besonderheiten im Besetzungsprozess von Vorstandsmitgliedern beachten, so steht einer erfolgreichen Besetzung Ihrer Vorstandsposition nichts mehr im Wege.
Von Olaf Kammerer
Personalberater für Elektrotechnik, Automatisierung und Elektronik