Antizyklische Personalplanung – Neue Mitarbeiter einstellen in der Konjunkturflaute?
In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit stehen Unternehmen oft vor einer schwierigen Entscheidung: Sollten sie trotz Umsatzrückgängen weiterhin Personal einstellen, um langfristig von Fachkräften zu profitieren oder ist es sicherer den Personalbestand zu reduzieren?
Dieser Beitrag untersucht die Vor- und Nachteile antizyklischer Einstellungsstrategien und bietet Einblicke in die möglichen Chancen und Risiken.
Antizyklische Einstellung: Eine Definition
Antizyklische Einstellung bedeutet gegen den allgemeinen Wirtschaftstrend zu handeln – also Mitarbeiter einzustellen, wenn die Wirtschaft schwächelt. Diese Strategie kann besonders bei Fachkräftemangel attraktiv erscheinen, da qualifizierte Arbeitskräfte oft schwer zu finden sind.
Argumente für antizyklische Einstellungen
- Nutzen des Fachkräftemangels: Da in Krisenzeiten weniger Unternehmen aktiv nach Mitarbeitern suchen, sind hochqualifizierte Kandidaten leichter verfügbar.
- Langfristige Planung: Durch die Einstellung von Talenten in schwachen Wirtschaftsphasen können Unternehmen sich einen Wettbewerbsvorteil für die Erholungsphase sichern.
- Motivation und Unternehmenskultur: Das Engagement für die Mitarbeiter in schwierigen Zeiten kann die Loyalität und die Moral im Unternehmen stärken.
- Innovationsförderung: Durch das Hinzufügen frischer Perspektiven und Fähigkeiten kann das Unternehmen seine Innovationskraft stärken, was in der Erholungsphase von großem Vorteil sein kann.
- Imageverbesserung: Ein Unternehmen, das in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Mitarbeiter einstellt, kann sein Image als stabil und verantwortungsvoll verbessern und kommt bei Kunden und zukünftigen Mitarbeitern gut an.
- Vorbereitung auf die Zukunft: Durch die frühzeitige Einstellung von Talenten in Schlüsselbereichen kann das Unternehmen besser auf zukünftige Herausforderungen und Markttrends reagieren.
Risiken antizyklischer Einstellungen
- Finanzielle Belastung: Einstellungen während einer Krise können die finanziellen Ressourcen eines Unternehmens belasten, insbesondere wenn die Umsatzerwartungen weiterhin niedrig bleiben.
- Unsicherheit in der Prognose: Die Vorhersage der Markterholung ist oft schwierig und Unternehmen könnten sich mit einem zu großen Personalbestand wiederfinden, wenn die Wirtschaft sich langsamer erholt als erwartet.
- Unternehmensdynamik: Neueinstellungen in Krisenzeiten können die bestehende Unternehmensdynamik stören und zu internen Spannungen führen.
- Kultur- und Integrationsrisiken: Die Eingliederung neuer Mitarbeiter in ein bestehendes Team kann besonders in Krisenzeiten schwierig sein, wenn das Unternehmen bereits unter Stress steht.
- Überqualifikation: Das Risiko überqualifizierte Mitarbeiter einzustellen, die in Krisenzeiten bereit sind Rollen unter ihrem Qualifikationsniveau anzunehmen, kann später zu Unzufriedenheit führen.
- Unvorhersehbare wirtschaftliche Entwicklungen: In Krisenzeiten kann die wirtschaftliche Lage besonders volatil sein und erhöht das Risiko, dass die Einstellungsentscheidungen nicht mehr angemessen sind, wenn sich die Situation abrupt ändert.
Chancen und Potenziale
Unternehmen, die sich für antizyklische Einstellungen entscheiden, können sich als visionär und risikobereit positionieren. Sie nutzen die Gelegenheit ihr Team mit Talenten zu verstärken, die sie in Boomzeiten möglicherweise nicht erreichen könnten. Zudem kann dies zur Schaffung einer resilienzstarken und anpassungsfähigen Unternehmenskultur beitragen.
Fazit
Die Entscheidung, ob in Krisenzeiten Personal auf- oder abgebaut werden soll, hängt stark von der spezifischen Situation des Unternehmens, seiner finanziellen Stabilität und seiner langfristigen Strategie ab. Während antizyklische Einstellungen Chancen bieten, um Talente zu gewinnen und sich für die Zukunft zu rüsten, müssen die damit verbundenen Risiken sorgfältig abgewogen werden.
Bei der Entscheidung für oder gegen antizyklische Einstellungen sollten Unternehmen auch die langfristigen Auswirkungen auf ihre Marke, ihre Unternehmenskultur und ihre Fähigkeit auf zukünftige Marktveränderungen zu reagieren, berücksichtigen. Es ist wichtig eine ausgewogene Perspektive zu haben, die sowohl kurzfristige finanzielle Überlegungen als auch langfristige, strategische Ziele umfasst. Eine sorgfältige Analyse der aktuellen Marktlage und eine realistische Einschätzung der eigenen Unternehmensressourcen und -fähigkeiten sind entscheidend, um eine informierte Entscheidung zu treffen.
Von Sven Halbe
Personalberater für Baugewerbe, Immobilien, Baustoffe und Bauforschung
Sven Halbe ist Managing Director der DELTACON Frankfurt GmbH – Executive Search & Recruiting. Er verantwortet mit seinem Team die Branchen Baugewerbe, Immobilien, Baustoffe und Bauforschung. Er verfügt über 20 Jahre Branchenerfahrung in Projekt-, Bereichs- und Vertriebsleitungsfunktionen.